Ist die Arbeitslinie eine Auslaufmodell?

K

Katze

Guest
Das frag ich mich in letzter Zeit immer häufiger, wenn ich mich so durch einschlägige Foren aber auch diverse Zeitschriften lese.

Immer häufiger wird der absolute Familienhund, bitte seeehr kinderlieb und geduldig gesucht, der bitte sich in der Öffentlichkeit benehmen kann, keinen Jagdtrieb hat, keinen Spurlaut und auch keinen großen Bewegungsdrang, erst Recht bitte keine "Danke- bin selbst Hirnträger Eigenschaften" vorweist gesucht.

Er soll aussehen wie ein Jack/Parson und wie manch andere Rassen wie BC, Aussie oder Mali- aber bitte doch die Lightversion ohne die speziellen Eigenschaften, die diesen Hund ausmachen.

Wie seht Ihr das und wie beurteilt Ihr das?

Was bedeutet diese Einstellung für die Gesundheit aber auch für das Wesen der Hunde?

Kommt iwann tatsächlich der Einheitshund, der vom Wesen her lieb, nett, kinderfreundlich und leicht zu händeln ist und nur in der Optik verschieden?

Ist die Arbeitslinie wirklich ein Auslaufmodell?

Birgit
 
Wer nutzt denn noch die angezüchteten Linien? Fast jeder, der einen Hund hat, ist sicher kein Jäger etc. Hier in Schenefeld gibt es viele, die z.B. Pferde haben und selbstverständlich Hunde wie Parson oder Collies. Bin kenne z.B. Pferdehalter, die habe ich natürlich einen Hütehund oder einen, der zu Pferden passt.

Hier im Revier ist ein "Jäger", der, bis er Tenno kennenlernte, nur Dackel hatte. Jetzt hat er eine PRT-Hündin und ist total "besessen" von ihren Qualitäten.

Ich selbst habe einen PRT und nie über seine speziellen Gene nachgedachte. Für uns ist er die "Liebe" unseres Lebens, unser "Augenstern", ein Familenhund, der alle Menschen liebt. Seinen Jagdinstinkt, der relativ selten, nur bei Katzen oder Eichkätzchen durchkommt, haben wir respektiert.
 
Hmmm, sicher gehen die meisten Welpen in Familien und die wenigsten in den 'Arbeitsdienst' und entsprechend sind die Wünsche und Anforderungen der Kunden, was das Format der Rasse betrifft. Aber diese Wünsche und Anforderungen wurden ja geprägt von dem was angeboten und über diese Hunde kommuniziert wird. Ich sehe da aber nur in soweit ein Problem drin, als die Ergebnisse der , wie ein Interessent es titulierte, "Niedlichkeitsnachzuchten" zunehmend das allgemeine Bild des PRT prägen und der Standart der klassischen englischen Arbeitslinien einfach nicht mehr bekannt ist. Das ließe sich ja recht einfach rückgängig machen in dem nicht mehr auf 'niedlich' gezüchtet und damit angeboten wird.
 
Auch ein Hund aus einer Arbeitslinie, der wirklich auch ausgebildet und "gearbeitet" wird und dem Standard entspricht, kann doch niedlich in den Augen der Allgemeinheit aussehen. Ich könnte hier ohne großes Nachdenken einige Hunde nennen, bei denen das meiner Meinung nach zutrifft. Darunter auch "hochdekorierte" Jagdhunde.

Ich sehe das Problem eher darin, dass die Menschen durch die Vermarktung und den Einsatz in den Medien und im TV ein falsches Bild von den "niedlichen Hunden" bekommen. Es ist nun mal Aufgabe des Züchters, hier zu selektieren und zu erkennen, wer welche Erwartungen hat und evt. eben auch ein völlig falsches Bild von der Rasse.

Ich finde nicht, dass sich diese Rasse gegenüber anderen besonders gut als Familienhund eignet und auch für Kinder (bis zu einem bestimmten Alter) gibt es bessere Alternativen. Aber ein Blick in´s Net genügt und es gibt genug Züchter, die damit werben, dass die Welpen familientauglich sind (stimmt ja, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind), kinderlieb sind (stimmt auch, wenn... siehe vorher) und jagen tun diese Hunde auch nicht (stimmt auch, wenn.... siehe vorher).

Das ist unehrlich, weil es einfach nicht stimmt und das macht meiner Meinung nach die Rasse kaputt. Ich habe auch Hunde bei Leuten, denen ich besser keinen gegeben hätte, irren ist menschlich, aber zumindest tue ich nicht so, als ob meine Nachzucht selbsterziehend ist, nicht jagt und überhaupt nie bei irgendwas Probleme machen/haben wird.
 
Hmm, was passiert denn, wenn ich den Hund einfach nur auf niedlich züchte, auf schön, auf familientauglich in lightversion?

Im Endeffekt bring ich doch den ganzen Hund aus dem Gleichgewicht, gesundheitlich aber auch in seinen Veranlagungen.

Was zur Folge hab, dass ich einen kranken Hund produziere oder einen Hund, der sich aufgrund seiner widersprüchlichen Veranlagung selbst im Weg steht und keine Nerven mehr hat.

Und ehrlich? Ich halte einen Hund aus einer Arbeitslinie für familientauglicher als einen Hund aus einer Showlinie. Ganz einfach weil das Wesen stimmt.


Birgit
 
Ich behaupte: noch gibt es keine wirkliche Arbeits- oder Showlinie. Und das ist auch gut so und sollte so bleiben!
 
Naja... nur wenn ich mir das so anschaue: http://www.jackrussell.ch/10/home_d_aktuell.htm

, dann sind auch die PRTs und JRTs gar nicht mehr so weit weg davon.

Oder kannst Du Dir die da gezeigten Jacks und Parsons wirklich noch bei Jagd und der Bauarbeit vorstellen?

Ich mir ehrlich gesagt nicht wirklich.

Birgit
 
Das eine muss das andere ja nicht ausschliessen. Wichtig ist, dass die Züchter WISSEN, was für (jagdliche) Raketen die PRTs sind und dies eben NICHT durch gezielte Verpaarungen "rauszüchten" möchten. Von einem Züchter erwarte ich, dass er sich neben der Genetik auch mit dem eigentlichen Verwendungszweck des PRTs auseinandersetzt und dies als sein Zuchtziel resp. zu seinem Credo macht! Nicht in letzter Konsequenz, aber als Leitlinie.

Havanna stammt nicht aus spezieller jagdlicher Leistungszucht. Zwar wurden ihre Eltern jagdlich eingesetzt, dies wurde aber nicht speziell an die grosse Glocke gehängt. Mir gefielen die Elterntiere sowohl von ihrem ruhigen Wesen wie auch vom Äusseren. Erst später erkannte ich, welchen Glücksgriff ich mit Havanna gezogen hatte. Sie entspricht in allen Punkten meinem absoluten Traumhund! Jeder, der mich und Vani kennt, weiss, was sie jagdlich zu leisten vermag. Und das mit einem Hund aus eben nicht spezieller Leistungszucht, was wiederum beweist - stimmt das Wesen, kann man mit dem PRT eigentlich fast alles machen. Nur Vorstehen können sie nicht und als reine Taschenhündchen eignen sie sich auch nicht - letzteres zum Glück! :bigsmile:

Liebe Grüsse
Nadja & Vanibär
 
Ich bin völlig einig damit, dass Ausstellungen der Hauptgrund für die meisten Probleme, die wir mit Rassehunden haben, sind. Und nicht nur bei den Gebrauchshunden, sondern auch bei den Gesellschaftshunderassen.
Womit gezüchtet wird ist nicht mehr davon abhängig, wie geeignet der Hund für seine Aufgabe ist, sondern was im Showring gut aussieht. Ich habe Richterberichte gelesen, die iher Bewertung von Hunden wie unseren Russells damit begfründet haben, dass die Gewinnerhunde "showy" waren (steht im Standard ikke "workmanlike"? und ist das nicht der Gegensatz dazu?).
Dass meine Hunde, obwohl nicht aus Jagdzuchten, so triebig sind ist schrecklich beschwerlich, zumal ich nicht auf die Jagd gehe und faktisch Gegner der Jagd bin, aber wenn wir den Jagdtrieb rauszüchten verschwinden alle möglichen anderen Eigenschaften, die wir an ihnen schätzen, halt auch.
Meine Zucht zeigt bei den Mentalbeschreibungen, die wir in DK machen, einen deutlichen Unterschied zu den Hunden aus Ausstellungszuchten (na ja, bei Ausstellungen würde sich auch ein grosser Unterschied zeigen...:bigsmile:) und sie sind nicht die einfachsten Familienhunde. Aber weil ich meine Welpenkäufer sehr kritisch ausgewählt habe, sind sie mit ihren Hunden glücklich und möchten sie bestimmt nicht gegen ein einfacheres und langweiligeres Modell austauschen.
Den Tag, wo alle Hunde "gute Familienhunde" in unterschiedlicher Einpackung sind, fürchte ich auch!
 
Spät

..., aber vielleicht nicht zu spät um es zu lesen.
Dieses Thema beschäftigt mich faktisch schon seit Jahren und ich habe dazu auch einen Artikel veröffentlich, den man u.a. auch s.u. nachlesen kann. Das sind meine Beobachtungen dazu, über Jahre im I-Net mit vielen Fragen bombadiert worden und de facto damit auch Strömungen erkennen können.

Familienhund
 
Hallo Christiane!

Dem Text ist nichts hinzuzufügen! Super geschrieben!

Dass Familien- und Arbeitshund sich nicht ausschliessen zeigen mir viele Familien in unserem Verband.

LG Anja
 
Ja, wunderbar zusammengefasst. Viele Menschen, die hierher kommen und das Endprodukt sehen und so angenehm überrascht sind "hui, das hab ich mir schlimmer vorgestellt, die sind ja ganz ruhig", sehen nicht, welcher Weg dahin geführt hat und dass man dafür auf einiges verzichten und einiges auch tun muss.

Ich liebe meine Terrier, sie sind wunderbar, aber sie sind nicht die richtige Rasse für jeden. Und nicht jeder ist richtig für sie.

Wenn hier eine Familie kommt, in der die Kinder die Hände die ganze Zeit an einem Computerspiel haben, alle sind deutlich übergewichtig und die Kinder ungezogen, laut und "hören keinen Schlag", bin ich sicher, dass mein Welpe dort nicht der richtige Familienhund werden kann.
 
Da hast Du auch recht. Meiner Schwester z.B. würde ich auch keinen PRT anvertrauen wollen.
Nicht das sie faul wäre oder sich nicht kümmern würde. Im Gegenteil meine Schwester und Ihr Mann sind sehr sportlich und auch liebevoll mit ihrer Tochter. Manchmal zu liebevoll. Es gab schon Vorfälle wo meine Nichte ihre Eltern so richtig vorgeführt hat. Die beiden sind einfach zu gutmütig und in manchen Fällen zu inkosequent. Meine Schwester mag unsere Rasse sie hätte sich gerne einen geholt. Ich habe Ihr davon abgeraten. Ich habe Ihr damals gesagt: Der Parson ist genau das falsche für Euch. Sie: warum? Ich: Euere Tochter führt Euch schon manchmal vor, was meinst Du wie das bei einem Terrier wird?! Gesagt hat sie nichts mehr. Sie weiß schon warum.
 
Wenn hier eine Familie kommt, in der die Kinder die Hände die ganze Zeit an einem Computerspiel haben, alle sind deutlich übergewichtig und die Kinder ungezogen, laut und "hören keinen Schlag", bin ich sicher, dass mein Welpe dort nicht der richtige Familienhund werden kann.

In so einer Familie ist definitiv KEIN Welpe der richtige Familienhund - nicht mal das kleinste Schoßhündchen hat es sich verdient, ein Leben als atmendes Steiff-Tier führen zu müssen.
 
Dazu fällt mir ein Spruch ein......

In erster Linie muß der Hund jagen können
und wenn er dann noch gut aussieht macht das auch nichts.......:haemisch2:
......frei nach Hesemann ;-)

Horrido!
Marco
 
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