Fährten und Suchen

Nasenarbeit ist für alle Hunde eine natürliche und artgerechte Beschäftigung, denn sie sind von Natur aus „Nasentiere“. Auch unsere Russells eigenen sich hervorragend für diese Arbeit. Sie kann in jedem Lebensalter begonnen werden und stellt technisch keine speziellen Anforderungen an den Hund, ausser dass er keine Erkrankungen der Atemwege haben sollte, damit seine Wahrnehmung nicht beeinträchtigt ist. Auch mit Hunden, die aufgrund von Gelenkserkrankungen nicht in konditionell anspruchsvolleren Hundesportsparten eingesetzt werden können, bietet die Nasenarbeit und insbesondere die Fährtenarbeit eine schöne Beschäftigung. Es ist Kopf- und Körperarbeit zugleich.

Wenn ein Hund intensiv sucht (sowohl in sportlichen Prüfungen als auch z.B. bei der Rettungshundearbeit, bei Sucharbeit im Zoll und ähnlichem), dann kann der Puls auf über 200 Schläge/Minute ansteigen, die Atemfrequenz steigt extrem (bis zu 120x Einschnaufen/Minute wurden gemessen), die Körpertemperatur kann "Fieberwerte" erreichen. Nach intensiver Nasenarbeit (Rettungshund bei einer Personensuche, sportliche Fährtenprüfungen) sind manche Hunde so ermüdet, dass sie kein Interesse an Spielen, Gassigehen oder Fressen haben und sehr viel Schlafen. Solche Extrembeispiele kommen bei der normalen Nasenarbeit, wie sie für unsere Hunde als argerechte Beschäftigung gedacht sind, nicht vor. Sie zeigen allerdings, dass Nasenarbeit eine körperliche Anstrengung darstellt.

Wie riecht der Hund?

Gerüche werden über die Schleimhäute in Nasen- und Nasennebenhöhle aufgenommen und über Riechnerven an die entsprechenden Regionen im Gehirn ("Riechhirn") weitergeleitet und dort interpretiert und gespeichert.

Der Hund schnüffelt mit 6-9 Inspirationen (einatmenden Atemzügen) bei einer Expiration (ausatmenden Atemzügen). Im Gegensatz dazu „schnüffelt“ der Mensch sehr viel symmetrischer, auf eine Inspiration erfolgt eine Expiration.

Schon das verdeutlicht den Schwerpunkt der Sinneswahrnehmung beim Hund und den  Unterschied zum Menschen. Noch deutlicher wird es beim Vergleich der Organe. Die „Sensoren“ zum aufnehmen der Gerüche in Nasen- und Nebenhöhlen, die sog. Riechepithel sind beim Hund in sehr viel größerer Zahl und Anordnung vorhanden als beim Menschen.

 

Riechfläche in der Nase

Anzahl Riechzellen

Geruchsaufnahme

Hund

ca. 15cm² (Schäferhund) bis 12cm² (Dackel)

ca. 220 Millionen

Mit anatomisch direktem Weg zu den Riechzellen, also wenig Verlust von Informationen

Mensch

Ca. 5cm² bis 10 cm²

ca. 5 Millionen

Mit anatomisch langem und gewundenem Weg zu den Riechzellen, also stärkerer Verlust von Informationen

(Nase dient beim Menschen hauptsächlich zum wärmen der Atemluft)

Hundliche Nasenleistungen sind außerordentlich beeindruckend und wir Menschen können sie  fordern und fördern mit verschiedenen Such- und Fährtenaktivitäten. Wir betrachten heute die Grundlagen des sog. sportlichen Fährtens. Darunter versteht man, dass der Hund auf unser Hörzeichen „Such“ eine bestimmte Fährte von Anfang bis zum Endziel intensiv, ruhig, konzentriert und mit tiefer Nase absucht bzw. ausarbeitet. Es gibt dabei verschiedene Schwierigkeitsgrade, wie Kurven (Winkel genannt), zu findende Gegenstände (kleine Alltagsdinge und künstliche, die man in den Fährtenverlauf legt), Wechsel des Untergrundes und schließlich sog. Verleitungen (wenn jemand anderes dann über die gelegte Fährte läuft).

Im sportlichen Fährten wird der Geruchssinn des Hundes geschult und gefördert. Es ist eine Beschäftigung, die einerseits artgerecht ist, andererseits recht einfach zu lernen und auszuüben. Und, man kann auch mit ältern,  weniger beweglichen Hunde Fährten, denn die körperliche Beanspruchung ist, bis auf die Nasenleistung recht gering.

Wie fängt man an?

Bevor wir uns mit dieser Frage befassen müssen wir kurz einige theoretische Grundlagen betrachten. Unsere Hunde müssen das absuchen und ausarbeiten einer Fährte mit dem Signal Such erst erlernen. Es gibt drei Arten vom Suchen auf Fährten:

  •    Hochwindsucher suchen mit in der Luft erhobener Nase und nehmen
    die in ihr schwebenden Duftmoleküle eines Lebewesens wahr.

  •    Spürhunde suchen mit halbhoher Nase über der Spur

  •    Fährtenhunde sollen mit tiefer Nase relativ exakt auf der Spur suchen

Die Suche mit tiefer Nase müssen die meisten Hunde durch Training lernen.

Der Geruch auf einer Fährte setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen:

  •    eingedrücktem Erdreich bzw. das sog. Trittsiegel

  •    Duftstoffen der Pflanzen, die durch Tritte geknickt/verletzt werden

  •    Duftstoffen, die der Fährtenleger abgibt

  •    Duftstoffen von Bodenbakterien beim zersetzen der zerquetschten Pflanzenzellen abgeben

Die Intensität der verschiedenen Duftstoffe entfaltet sich unterschiedlich schnell. Dabei ist ein Fährte für den Hund nicht direkt nach dem Legen am intensivsten, sondern ca. nach 15 Min bis 3 Stunden. Nach 15 Minuten entfaltet sich der Individualgeruch des Fährtenlegers, und auch die Duftstoffe von Pflanzensäften sind dann sehr intensiv. Der menschliche Geruch bleibt noch ca. 3 Stunden sehr intensiv, der pflanzliche sogar noch länger.

Der Untergrund spielt eine wichtige Rolle bei der Entfaltung des Fährtengeruchs. Er sollte so beschaffen, sein, dass der Fährtenleger beim legen auch tatsächlich ein Trittsiegel hinterlassen kann. Solche Böden sind z.B. Acker, Wiesen, Waldboden. Ungünstiger sind Asphalt, Steinboden, Sand- und Geröllflächen.

Das Wetter spielt auch eine wichtige Rolle beim Fährten. Vor allen Dingen ist es wichtig auf den Wind zu achten, da er die Duftstoffe auf der Fährte in der Luft verteilt. Am besten legt man eine Fährte immer mit dem Wind. Später, wenn man Winkel in der Fährte hat, ist es wichtig, den Wind zu prüfen um die Suchleistung des Hunde besser einschätzen zu können. Wind kann die Duftspur einige Meter neben der ursprünglichen Fährte erscheinen lassen. Der Hund sucht dann 1m neben der gelegten Fährten, verliert aber weder Richtung noch Spur.

Die erste Fährte

Es gibt noch vieles mehr an Theorie, die man zum Fährten betrachten kann. Heute aber wollen wir schauen, wie wir die erste Fährte legen können, denn wie immer gilt: wir, das Team Hund-Mensch lernen am besten durch praktische Erfahrung! Die sog. Erstlingsfährte ist eine Leckerliefährte. Wichtig ist, dass die Leckerlie nicht zu groß und nicht zu klein geschnitten sind, intensiv duften und vom Hund möglichst direkt geschluckt werden können.

Gut geeignete Leckerlie sind also Fleischstücke (roh oder gekocht), Wurststücke (Wienerlie, Cervelat, Hotdogs-Würstchen, Hundewurst), Käsestücke oder auch rohe Pansenstücke. Damit der Hund weitersuchen kann, sollte er das Leckerlie nicht kauen müssen. Deshalb scheiden zum Beispiel Trockenfutterstücke oder Hundekuchen aus. Brotkrumen hingegen sind je nach Hund unter Umständen auch geeignet.

Nun geht es also los. Der Hund sollte gesichert am Rande der Wiese/des Ackers warten oder im Auto. Wir prüfen die Windrichtung und wählen die Fährtenrichtung mit dem Wind. Wir beginnen nicht direkt am Rand der Wiese, sondern gehen ca. 10 bis 15 Schritte in das Gelände. Dort treten wir einen trichterförmigen Abgang. In den Trichter legen wir einige Leckerlie, die wir auch in den Boden treten können.
 

Wir markieren den Abgang mit einem Fährtenstock oder einem Fähnchen. Dann bleiben wir 2 Minuten neben diesem Fähnchen stehen. Sind die zwei Minuten um, gehen wir Schritt für Schritt in einer geraden Linie ca. 10 - 20m. Dabei legen wir in jeden Tritt ein Leckerlie. Das Ende der Fährte markiert eine Dose mit einem Jackpotleckerlie.



Soweit so gut, nun warten wir ca. 15 Minuten, denn der Hund soll die Mischung aus menschlichem Individualgeruch und zersetzten Pflanzensäften wahrnehmen lernen. Nach 15 Minuten gehen wir mit dem angeleinten Hund zum Fährtenabgang und geben das Kommando „Such“. Natürlich lassen wir den Hund schnüffeln und die Leckerlie futtern. Jedes Futtern eines Leckerlie können wir mit „feines Such“ bestätigen. Arbeitet sich der Hund dann allmählich zum Ende der Fährte hin bekommt er am Ende der Fährte mit sehr viel Lob den Jackpot aus der Dose.

Wir haben unsere erste Fährte geschafft!

Text/Fotos: Petra Funk