Bevor man Züchter wird
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Denkanstösse für Zuchtanfänger

Als langjährige Züchter und Deckrüdenhalter lernen wir immer wieder Menschen kennen, die den Wunsch haben zu züchten und dabei die Vorstellung, mit Hundezucht könne man Geld verdienen.

Immer wieder wird da die Rechnung gemacht: durchschnittlich zu erwartende Welpenzahl mal Welpenpreis = Gewinn des Züchters. So gesehen tatsächlich ein lohnender Nebenverdienst. Für viele Grund genug, sich mit dem Gedanken an eine eigene Zucht anzufreunden, wie die deutlich höhere Nachfrage nach Hündinnenwelpen zeigt.

Ich möchte hier keinem das Züchten ausreden, im Gegenteil, die Aufzucht eines Wurfes ist ein unvergessliches Erlebnis. Nur sollte sich jeder, der sich mit dem Gedanken an Hundezucht, und sei es nur an einen Wurf, trägt, einige Fragen mehr stellen als die, was man mit dem zu erwartenden „Gewinn" alles anstellen könnte.

Zuerst einmal die allerwichtigste Frage: möchte ich wirklich züchten, d.h. mir ernsthafte Gedanken um die Verbesserung „meiner" Rasse machen, oder lediglich vermehren, einfach nur mal putzige Welpen haben? Von letzterem ist dringend abzuraten, denn die Tierheime sind voll von ehemals süssen Welpen, entstanden aus dem kurzsichtigen Wunsch nach eigenen Hundekindern, voller Euphorie schnell angeschafft, weil so schön billig und schliesslich ,entsorgt", weil sich angesichts des verlockenden Schnäppchens eigentlich keiner so recht Gedanken um die mit der Hundehaltung verbundenen Pflichten gemacht hat. Kein Hundekind bleibt ewig klein und jeder Hund stellt Ansprüche. Es hat keinen Sinn, Abnehmer für seine Welpen mit Niedrigstpreisen ködern zu wollen, es ist nun einmal Tatsache, dass die Menschen ihren Wunsch nach einem Hundekind gründlicher hinterfragen, wenn sie den Preis dafür nicht eben mal vom Taschengeld abzweigen können. Selbstverständlich gibt es genügend Ausnahmen, das Thema soll an dieser Stelle auch nicht näher diskutiert werden. Noch gründlicher als die Anschaffung eines Hundes sollte der Wunsch nach einem Wurf durchdacht sein, denn damit übernimmt man die Verantwortung für seine Hundekinder. Wer dabei an „8 Wochen Aufzucht und dann weg" denkt, sollte die Finger besser gleich davon lassen!

Als nächstes die Frage: Ist meine Hündin überhaupt zur Zucht geeignet und wenn ja, welche Merkmale gilt es zu verbessern? Aufschluss darüber gibt die Vorstellung auf der Zuchtzulassungsprüfung und einer oder mehrerer Zuchtschauen, auf denen Fachleute den Hund beurteilen. Da die Tagesform immer auch eine Rolle spielt, sind mehrere Beurteilungen immer besser als nur eine. Gleichzeitig kann man sich auf solchen Veranstaltungen ein Bild von der Rasse machen, sich Rat von erfahrenen Züchtern holen und auch schon Ausschau nach einem späteren Partner für seine Hündin halten, möglichst in Absprache mit dem Zuchtwart. Zu erwähnen wäre noch, dass evtl. Kritiken des Zuchtrichters nicht Ihren Hund schlecht machen wollen, sondern lediglich Anregungen sind, worauf Sie bei einer Anpaarung achten sollten. Sollte man Ihnen aufgrund schwerwiegender Fehler nahe legen, mit Ihrem Hund besser nicht zu züchten, dann geschieht dies nicht ohne Grund und ganz bestimmt nicht um Sie zu ärgern. Kein Hund wird nur wegen kleiner „Schönheitsfehler" von der Zucht ausgeschlossen, nur aufgrund grober Abweichungen vom Rassebild oder Mängel, die gesundheitliche Folgen haben; solche an die Nachkommen weiterzugeben sollte auch nicht in unserem Sinne sein, deshalb sollten wir diesen Rat auf jeden Fall ernst nehmen und auch keinen Wurf ohne Papiere mit dem betreffenden Tier züchten, denn Erbkrankheiten fragen nicht nach Papieren!

Doch gehen wir vom Normalfall aus: Sie sind Mitglied in einem Ihre Rasse betreuenden Verein, Ihre Hündin wurde zur Zucht zugelassen oder sogar empfohlen, Sie haben einen Zwingernamen schützen lassen und vielleicht auch schon eine Vorstellung, wer der Vater Ihrer Welpen werden soll. Haben Sie diesen ausgewählt, weil er am besten zu Ihrer Hündin passt, oder weil er in Ihrer Nähe wohnt und/oder seine Decktaxe am günstigsten ist? Beantworten Sie sich diese Frage wirklich ehrlich! Was die Höhe des Deckgeldes betrifft, so sollten Sie in etwa von der Höhe des Welpenpreises ausgehen. Letztendlich legt dies allein der Rüdenbesitzer fest, deshalb kann es recht unterschiedlich ausfallen. Sie sollten aber nicht den Fehler machen, die Wahl des Rüden nach der Höhe des Deckpreises zu treffen, denn wenn Sie Mängel in Kauf nehmen, nur um ein paar Mark oder Kilometer zu sparen, wird sich das an Ihren Welpen bemerkbar machen. Umgekehrt ist aber der „teuerste" Rüde nicht immer der Beste. Lassen Sie sich am besten vom Zuchtwart oder erfahrenen Züchtern beraten, vielleicht auch Ihre Sympathie mitentscheiden, aber versuchen Sie nicht am falschen Ende zu sparen.

Die nächste nicht unwichtige Frage: haben Sie die räumlichen, zeitlichen und finanziellen Möglichkeiten, einen quirligen Wurf aufzuziehen? Sie brauchen einen pflegeleichten, trockenen und ruhigen Raum, in dem Sie die „Wochenstube" einrichten können, der einerseits jederzeit gut erreichbar ist, andererseits nicht gerade das Zentrum hektischen Familienlebens wie etwa ein Hausflur. In den ersten zwei Wochen beschränkt sich der Lebensraum der Hundefamilie vorwiegend auf die Wurfkiste, die in jedem beliebigen Wohnraum Platz findet, wo auch die ständige Beobachtung sichergestellt ist. Mit dem Öffnen der Augen erwacht aber der Entdeckerdrang der Hundekinder, sie wollen die Welt kennenlernen, können alles gebrauchen und hinterlassen auch schon mal ihre Spuren. Nun muss ein Kompromiss gefunden werden, der es einerseits den Kleinen ermöglicht zu lernen und Erfahrungen zu sammeln, andererseits aber Hunde und Wohnungseinrichtung vor allzu grossen Schäden schützt. Sie dachten an eine dieser geräumigen Kennel-Boxen? Schlagen Sie sich das besser aus dem Kopf, Sie können die kleine Rasselbande nicht wochenlang einsperren, auch ein vom Familienleben abgeschlossener Raum, sei es ein Keller oder Schuppen oder Stall, ist kein geeigneter Ort zur Welpenaufzucht und sollte allenfalls als Schlafplatz dienen. Das heisst, Sie müssen entweder Ihren Garten opfern (und entsprechend sichern) oder den Kleinen einen eigenen Auslauf bauen sowie alle den Welpen zugänglichen Räume im Haus so gestalten, dass kein allzu großer Schaden entstehen kann. Welpen brauchen frische Luft und Sonne, aber auch engen Kontakt zur Züchterfamilie. Keinesfalls werden sie 8 Wochen lang brav in ihrem Körbchen sitzen!

Wenn Sie von vornherein nur die  Möglichkeit zur Haltung eines Hundes haben, ist die Planung eines Wurfes auch nicht die beste Idee. Sie können nicht immer davon ausgehen, alle Welpen im Alter von 8 Wochen verkauft zu haben. Wer züchten möchte, sollte immer die Möglichkeit haben, einen oder gar zwei Welpen länger zu behalten oder u.U. eines seiner Hundekinder später zurückzunehmen, falls dies nötig werden sollte. Natürlich wählen Sie Ihre Käufer sorgfältig aus, aber unvorhersehbare Ereignisse können zur Abgabe des geliebten Familienmitglieds zwingen, wollen Sie Ihren einstigen Schützling dann einem ungewissen Schicksal überlassen?

Falls Sie berufstätig sind, sollten Sie Ihre Urlaubspläne auf den zu erwartenden Wurf abstimmen. Es ist ein Fulltime-Job, der auf Sie zukommt ! Auf alle Fälle sollten Sie während der Geburt bei Ihrer Hündin sein, um evtl. Probleme rechtzeitig zu erkennen. Der Termin lässt sich nicht auf den Tag genau vorhersagen, sie wird aber auf alle Fälle mehrere Stunden dauern, häufig findet sie nachts statt. Es ist nicht unbedingt angenehm, nach mehreren Stunden "Nachtwache", vielleicht sogar beim Tierarzt verbracht, morgens zur Arbeit zu müssen.

In den ersten Tagen beschränkt sich die Betreuung der Welpen im Normalfall auf die tägliche Gewichtskontrolle und das Erneuern des "Bettchens", doch dann fordert die kleine Bande uns rund um die Uhr. Dies lässt sich nicht nach Feierabend erledigen. Wenn also nicht wenigstens ein Familienmitglied den ganzen Tag zu Hause ist, sollten Sie Urlaub nehmen. Planen Sie keinen Wurf, wenn die ganze Familie 8 Stunden und mehr täglich ausser Haus ist!

AuchBuddy of joyful escort der finanzielle Aspekt ist nicht zu unterschätzen. Sicher werden Sie das Welpenfutter eingeplant haben, aber das ist längst nicht alles. Auf alle Fälle, auch wenn Mutter und Kinder gesund sind, fallen Tierarztkosten für regelmäßige Wurmkuren und Impfungen an. Es kann aber auch passieren, dass ein Kaiserschnitt nötig wird, Mutter oder Welpen erkranken. Schlimmstenfalls kann es auch sein, dass alle Welpen nur noch tot zur Welt kommen und auch das Leben der Mutter bedroht ist. Keiner will etwas Derartiges hoffen, aber ich will nicht verschweigen, dass es auch Unglücksfälle gibt. Die Tierarztrechnung erreicht dann schnell ungeahnte Höhen, und nicht immer bleibt überhaupt ein Welpe übrig, der zu verkaufen wäre.

Die Gebühren für Zuchtwart, Tätowierer, Wurfeintragung und Papiere sowie für Verkaufsanzeigen in Fachzeitschriften oder Tageszeitung schlagen nicht unerheblich zu Buche, und so manches Spielzeug oder Körbchen, so mancher Schuh, Teppich oder Einrichtungsgegenstand wird auf der Strecke bleiben, der Bedarf an Küchenrollen und Putzmitteln steigt gewaltig.

Sie haben all das schon bedacht und wollen trotzdem züchten? Sie sind bereit, all die Zeit und Arbeit, viel Liebe, Geld und Mühe zu investieren, um Ihren Hundekindern einen guten Start ins Leben zu ermöglichen? Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Entscheidung und viel Spass bei Ihrem ersten Wurf, der wahrscheinlich nicht Ihr letzter sein wird!

Allen Anderen möchte ich nahe legen, all diese Aspekte noch einmal genau zu durchdenken, es sind Fragen, die auf alle Fälle auf Sie zukommen werden, besser im Vorfeld als wenn die Welpen bereits da sind.

Wenn jeder, der einen Wurf Hundekinder plant, sich all diese Fragen rechtzeitig stellen und ehrlich beantworten würde, nicht mit der Aussicht auf zu erzielende Welpenpreise einfach draufloszüchtet (oder seiner Hündin einmal "Mutterfreuden gönnen" will in der Hoffnung, die Welpen schon irgendwie loszuwerden), dann bliebe so manchem Hund ein ungewisses Schicksal erspart, die Tierheime wären nicht hoffnungslos überfüllt, sondern könnten sich auf wirkliche Notfälle, die durch tragische Umstände ihr Zuhause verloren, konzentrieren.

Boomer of joyful escortHundezucht ist ein wunderbares Hobby, wenn es als solches gesehen wird. Zum Geldverdienen gibt es einfachere, lukrativere und weniger aufwendige Methoden, unter denen kein Tier leiden muss, wenn es nicht so läuft wie geplant. Wenn Sie Glück haben und alles gut geht, kann der Verkauf der Welpen Ihre Aufzuchtskosten decken, aber das ist der Idealfall. Genauso gut ist es möglich, dass Ihnen am Ende nur ein oder gar kein Welpe bleibt, die Kosten aber weit über Ihre Planungen hinausgehen.

Eines werden Sie als Hundezüchter in jedem Fall brauchen: Eine ganze Menge Idealismus! Als Gegenleistung erhalten Sie unvergessliche Momente, lernen Menschen kennen, können stolz auf Erreichtes sein, das Sie all die Niederlagen vergessen lässt. Nur eines werden Sie ganz bestimmt nicht erhalten: Reichtum durch Ihre Zucht.

Text: Antje Heller, Outlaw
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In der Schweiz...
... dürfen die Welpen nicht vor der 10. Lebenswoche abgegeben werden.
... entspricht die Deckgebühr meist dem halben Welpenpreis. 
... sind
sämtliche Welpen vor der Abgabe mit Microchip kennzeichnen zu lassen.
(Anmerkungen des Webmasters)

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